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Die besten Masken sieht man nicht

By 16. März 2020No Comments

Pressebericht, Zürichsee-Zeitung –  Januar 2020

Im Gespräch: Die Maskenbildnerin Barbara Grundmann arbeitet seit mehr als 35 Jahren für Film und Bühne. Zurzeit schminkt die Küsnachterin die Schauspieler in der SRF-Serie «Wilder».

Text von Olivia Tjon-A-Meeuw (Interview)

Ist der Name Ihres Ateliers Barbella in Küsnacht eine Anspielung auf den Science-Fiction-Film «Barbarella» aus den 60er-Jahren mit Jane Fonda? Eigentlich gar nicht. Ich wollte nicht als klassische Coiffeurin meinen Salon eröffnen, weil ich ja Maskenbildnerin bin. Mein Name sollte drin sein, aber ich wollte nicht Coiffeur Barbara oder so ähnlich heissen. Da ich grundsätzlich Leute verschönere, ist das «Bella» enthalten und «Bar»,weil ich am Anfang noch Getränke an-geboten habe. Seit einigen Jahren teile ich mein Atelier mit meiner Schwester. Lustig ist, dass sie Gabriella heisst – Barbella passt also für uns beide.Viele reden aber tat-sächlich vom Atelier Barbarella, und ich muss es immer wieder korrigieren.

Seit der ersten Staffel sind Sie für die Maske der SRF-Serie «Wilder» verantwortlich. Dort scheint die Maske nicht im Fokus zu stehen; Fantasiewesen oder andere extravagante Masken gibt es nicht. Was beinhaltet Ihre Arbeit in diesem Fall? Die Maske beginnt schon, wenn der Schauspieler sich bei mir auf den Stuhl setzt. Es wäre doch wahnsinnig langweilig, wenn ein Darsteller immer gleich aussehen würde. Es ist unsere Aufgabe, seine Figur dem Charakter, den er spielt, anzupassen.

Wie entwickeln Sie die Maske für einen Charakter? Im Drehbuch sind die verschiedenen Charaktere schon detailliert beschrieben. Mit der Besetzung der Schauspieler weiss auch der Regisseur, was er will. Man bespricht das gemeinsam und erarbeitet Ideen. Wir arbeiten eng mit dem Ausstattungs- und Kostümdepartement zusammen. Danach probiert man alles am Darsteller aus. Unsere Werkzeuge sind Farben, Cremes, Pinsel, Schere, Leim und Haare in jeglicher Form. Der Regisseur sieht nach der Maskenprobe meine Vorschläge, und wir einigen uns auf eine Maske.

Wie haben Sie sich auf den Dreh der dritten Staffel von «Wilder» vorbereitet? Ich habe die Drehbücher gelesen und für jeden Schauspieler seine Spielszenen herausgeschrieben. Dann habe ich den Drehplan studiert, um herauszufinden, wie viel Unterstützung ich brauche, je nach Schwierigkeit der jeweiligen Maske. Als Nächstes habe ich all meine Sachen zusammengepackt, da wir im Jura drehen. Ich teile dieses Jahr meinen Job mit meiner Maskenkollegin, mit der ich schon während der ersten zwei Staffeln zusammengearbeitet habe. Sie hat die ganzen Maskentests, das Perückenknüpfen, die Spezialeffekte vorbereitet, Eisen für die Wiederaufbereitung von Schnäuzen eingepackt und die Einkäufe erledigt. Ich war bis vor Weihnachten nicht in der Schweiz.

Wie bereitet man einen Schnauz mit Eisen wieder auf? Ein künstlicher Schnauz wird jeweils geknüpft. Zur Aufbereitung befestigt man ihn mit vielen kleinen Nadeln an einem Stoffkopf. Nebendran hat man einen altertümlichen Ofen, in dem die kleinen Eisen erhitzt werden. Mit diesen Eisen richtet man dann die einzelnen Härchen des Schnauzes wieder auf.

Wann beginnt ein Drehtag für Sie? Die Maske ist meistens das erste Departement, das am Morgen mit der Arbeit beginnt. Wenn es viel Arbeit gibt, steht man schnell um vier Uhr auf.

Wie lange dauert eine Maske für die Darsteller von «Wilder»? Wir schauen, dass wir zwischen zehn Minuten und einer Stunde brauchen. Sobald es Spezialeffekte gibt, dauert es länger. Beim Film «Papa Moll» hat die Maske des Hauptdarstellers zwei ein-halb Stunden gedauert. Bei Serien wie «Wilder» hat man viel weniger Zeit. Für die neue Staffel sind gerade einige Dinge, die wir machen wollten, gestrichen worden, weil sie zeitlich und finanziell nicht drin liegen. Man dreht eine Serie viel schneller als einen Film. Aktuell haben wir sechs Bücher, die wir in drei Monaten querfeldein filmen. Es ist eine Herausforderung in Sachen Kontinuität, schliesslich darf die Maske einer Figur nicht von einem Bild zum anderen plötzlich anders aussehen.

Wie behalten Sie denn den Überblick? Wir machen Fotos und führen Buch und betreuen die Schau-spieler den ganzen Tag. Wir sind die Letzten, die gehen, nach dem Abschminken und der Vorberei-tung für den nächsten Tag. Es sind lange Arbeitstage.